Simon hatte einst den Begriff der „Hidden Champions“ erfunden, ist Gründer und Honorary Chairman von Simon-Kucher & Partners – die Unternehmensberatung beschäftigt mehr als 1500 Mitarbeiter in 25 Ländern. Bei der Recherche zum Thema Gewinn fiel dem Impulsgeber und Vordenker einer ganzen Branche auf: Es gibt kein Buch, das sich rein mit dem Thema Gewinn beschäftigt. Hermann Simon hat das im Frühjahr geändert – mit seinem neuen, im Campus Verlag erschienenen Buch „Am Gewinn ist noch keine Firma kaputtgegangen“.
Ein Freitagabend Ende Mai. Wir sind telefonisch verabredet mit dem Buchautor. Hermann Simon nimmt sich gerne Zeit für das Unternehmermagazin mittelrheinland –
auch in Zeiten von Corona. „Jede Krise ist Bedrohung und Chance zugleich“, macht Simon deutlich mit Blick auf das, was derzeit die Welt in Atem hält. „Wer in der Vergangenheit Gewinne gemacht und Reserven geschaffen hat, der wird nicht nur überleben,
sondern in den meisten Fällen auch gestärkt aus der Krise hervorgehen. Für andere kann eine Krise wie die Corona-Pandemie das Ende bedeuten.“ Prof. Simon ist sich sicher, dass das Bewusstsein für Gewinn durch die Krise gestärkt wird. Und er trifft mit seinem aktuellen Buch – vor Corona entstanden – den sprichwörtlichen Nagel auf den Kopf.
Ist Gewinnmaximierung in Zeiten einer sich verändernden Welt denn überhaupt noch ein probates Mittel? „Ein heißes Thema“, sagt Hermann Simon. „Als jemand, der Gewinne maximieren möchte, bist du schnell der Buhmann jener Leute, die wenig Ahnung haben von Wirtschaft. Es gibt viele wirtschaftsferne Philosophen und Autoren, für die der Begriff Gewinnmaximierung jenen Kapitalismus repräsentiert, der für sie ein rotes Tuch ist. Ich provoziere aber gerne, in dem ich mich klar für die Maximierung von Gewinn ausspreche. Ich erläutere dann aber natürlich auch, warum.“
Hermann Simon blickt dabei auch auf die emotionale Seite des Gewinns. „Die gibt es natürlich! Wer ein Unternehmen führt, vielleicht sogar sein eigenes, für den ist der Wertmaßstab von Leistung der Gewinn. Bekommt er für sein Produkt oder seine Dienstleistung mehr, als er selbst hineininvestiert, kann er stolz sein. Ist der Kunde nicht bereit, einen kostendeckenden Preis zu zahlen, dann ist das ein Zeichen für Missmanagement und Versagen. Damit kann niemand emotional zufrieden sein. Wenn du dich als motivierter Unternehmer abrackerst, aber hinten kommt nichts raus, ist das frustrierend und macht keinen Spaß.
Dieser Weg endet dann oft vor dem Insolvenzverwalter. Einschließlich Privatinsolvenzen gab es in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren mehr als 1,3 Millionen Insolvenzen. Corona spielte dabei noch keine Rolle. Simon jedoch betont in seinem Buch „Illiquidität ist nur Anlass, nicht Ursache der Insolvenz“ und erläutert dies im Gespräch: „Wenn ein Unternehmer heute Verbindlichkeiten nicht bedienen kann, ist die Ursache hierfür, dass er mehr Geld ausgegeben als eingenommen hat. Wer mehr ausgibt, als er einnimmt, schafft keine Werte, sondern vernichtet solche. Die Folge ist Illiquidität. Wer unternehmerisch überleben will, muss dies verhindern – zumindest mittel- und langfristig. Kurzfristig kann man Engpässe oder kritische Situationen mit Krediten oder der Hilfe von Aktionären überbrücken. Langfristig muss man Gewinn machen. Man kann das auch so ausdrücken, dass Gewinne die Kosten des Überlebens sind.“