Stellen wir uns mal ein Fußballstadion vor: 40.000 Menschen sitzen auf den Rängen. Sie alle arbeiten für einen großen Automobilzulieferer. Weltweit macht das Unternehmen einen Umsatz von 17 Milliarden Euro. Auf dem Rasen steht jedoch keine Mannschaft, da unten steht nur einer: Kurt Birtel. Vier Monate lang wird er den 40.000 Mitarbeitern über die Schulter schauen, Prozesse beobachten, Engpässe identifizieren,
Lösungen finden. Am Ende dieser Zeit hat ein Teilbereich des Konzerns in einem seiner Produktionswerke seinen Durchsatz (Produktivität) um 40 % gesteigert und die Fehlerkosten um 70 % reduziert. Wie das geht? Holen Sie sich noch kurz einen frischen Kaffee –
wir erzählen es Ihnen.
Kurt Birtel hat nicht immer da unten auf dem Rasen gestanden. Der gelernte Werkzeugmacher studiert in jungen Jahren Maschinenbau, spezialisiert sich auf die Produktionstechnik. 30 Jahre lang sammelt er in unterschiedlichen Führungspositionen Erfahrung. Sein Leben verändert hat jedoch ein Buch: „Das Ziel“ von Eliyahu M. Goldratt. Ein Roman über die Optimierung von
Prozessen. Klingt verrückt, veränderte aber damals nachhaltig bis in die heutige Zeit hinein das Denken von Managern. „Ich habe dieses Buch gelesen und sofort
das Potenzial der dort vorgestellten Engpass-Methode erkannt.“
Als Fertigungsleiter beim Marktführer in der Pneumatik-Branche wendet Birtel die Methode ein erstes Mal an. Es gelingt ihm, die Durchlaufzeiten in der Produktion um 92 % zu reduzieren. Fasziniert von Methode und Wirkung macht sich Kurt Birtel im Jahr 2009 selbstständig. Einziger Haken: Es ist die Zeit der Wirtschaftskrise. „Das hatte mir damals keiner gesagt“, schmunzelt der Unternehmens-
berater heute. „Ich kam mit meiner Vision zu den Unternehmen und die sagten mir: Wir haben gerade keinen Engpass, im Gegenteil! Wir könnten 50 % mehr produzieren.“ Birtel hätte desillusioniert auf dem Absatz kehrt machen und sich einen neuen Job suchen können, doch er hatte schon damals den Blick für das große Ganze. „Zu der Zeit war der Engpass der Markt. Und ein Engpass schwankt auch permanent zwischen dem Markt und dem eigenen Betrieb hin und her. Beide Szenarien gilt es zu meistern.“
Doch Birtel hatte auch Glück: Der Geschäftsführer eines Unternehmens aus der Musikinstrument-Industrie hatte von der Engpass-Methode, auch TOC-Methode genannt, gehört. „Er wollte sein Unternehmen wieder ganz nach vorne bringen“, erinnert sich Birtel. Der Unternehmensberater wendet die TOC-Methode und zudem das Verfahren „Six Sigma“ an und kann die Durchlaufzeiten und den Umlaufbestand zum Teil um bis zu 80 % senken. Birtel landet mit diesem Erfolg auf dem Titel des renommierten Magazins „Musikinstrument“, sein Name ist plötzlich in aller Munde. Der Unternehmensberater wird als Keynote Speaker für Veranstaltungen gebucht, gewinnt so immer mehr Klienten hinzu.
Ein wichtiger Erfolgsfaktor von Kurt Birtel: „Ich bin nicht betriebsblind. Es gibt dieses Bild vom eigenen Unternehmen, das jeder hat und genau kennt. Und dann komme ich und fertige aus vielen einfachen Puzzleteilen ein neues Bild.“ Und so kann es auch schon mal sein, dass ein Global Player wie ein Automobilzulieferer mit 40.000 Mitarbeitern in unterschiedlichsten Führungsstrukturen und mit eigenem Qualitätsmanagement den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Bis Kurt Birtel auftaucht und mit dem Finger auf die Bäume zeigt.
Mit diesen Maßnahmen kann das Unternehmen seinen Durchsatz pro Tag um 50 % steigern. Und der Unternehmensberater gibt den Mitarbeitern Hausaufgaben auf: „Jeder Mitarbeiter hat das Recht und die Pflicht, Verbesserungspotenziale sofort schriftlich zu melden. Diese werden täglich abgearbeitet.“ Damit decken die Mitarbeiter die letzte der fünf Phasen der TOC-Methode ab, die besagt: Vermeide die menschliche Trägheit, beginne wieder mit Schritt 1 und identifiziere den Engpass. „Ich zeige bei meiner Arbeit den Wertstrom eines Unternehmens auf. Das kann man sich wie an einem Tatort vorstellen: Dort stehen auch unterschiedliche Schildchen mit Zahlen. Da steht dann zum Beispiel die 1 neben dem Messer, die 2 neben der Leiche, die 3 neben dem umgekippten Weinglas und bei 4 liegt eine kaputte Brille. Ich stelle quasi auch Schildchen auf, mit denen ich die Potenziale des Unternehmens erfasse und dann eine Maßnahmenliste zusammenstelle.“
„Das Ziel einer Firma ist es, Geld zu verdienen. Nur, wenn ich Geld verdiene, kann ich dem Kunden auch einen Nutzen bringen. Ein Engpass ist all das, was mich daran hindert, meine Ziele zu erreichen und Geld zu verdienen. Engpässe können physikalischer Natur sein wie zum Beispiel das Fehlen einer Bohrmaschine. In den meisten Fällen finden die Engpässe jedoch in den Köpfen der Menschen statt.“
Unternehmensberater auf unterschiedliche Tools zurück – wie zum Beispiel die TOC-Methode, das „Six Sigma“-Verfahren (Prozess- und Produktverbesserungen) oder das CCPM Multiprojektmanagement. „Die finale Umsetzung obliegt dann natürlich dem Unternehmer. Das größte Problem dabei ist die konsequente Umsetzung im täglichen operativen Geschäft. Wenn ich Wochen oder Monate später nachfrage, ob der Zaun geflickt ist, bekomme ich dann auch mal zur Antwort: Wir hatten leider keine Zeit, wir waren täglich damit beschäftigt, die ausgebüxten Hühner wieder einzufangen.“
Zu Birtels Kunden gehören größere Handwerksunternehmen, Mittelständler, aber auch Großunternehmen und Global Player. Der Unternehmensberater ist zudem vom Ministerium für Wirtschaft und Energie für die Innovationsberatung autorisiert und hilft hier bei der Beantragung von Fördergeldern. Für Unternehmer, die sich die Frage stellen, ob sie sich eine Beratung leisten wollen oder können, zitiert Birtel gerne den Autor Eliyahu M. Goldratt: „Es ist nicht die Frage, was ein solches Projekt kostet. Viel spannender ist die Frage, was es Sie kostet, wenn Sie es nicht tun!“
Weitere Infos: www.birtel.de