Der Wettbewerb der Regionen hat längst begonnen

Starke Wirtschaft, starke Quote.

Herr Wagner, was sind derzeit die größten Herausforderungen am Arbeitsmarkt?

Die größten Herausforderungen ergeben sich eigentlich aus den Entwicklungen am Arbeitsmarkt, der sich jetzt über Jahre stabil entwickelt und mit guter Konjunkturlage auch Beschäftigung aufgebaut hat. Mehr als 100.000 Menschen in unserem Agenturbezirk haben eine sozialversicherungspflichtige Stelle. Von daher ist das Thema Massenarbeitslosigkeit, über das wir Jahrzehnte gesprochen haben und mit dem wir uns beschäftigt haben, keines mehr bei einer Arbeitslosenquote von 2,6 Prozent im Bezirk Montabaur. Das ist die niedrigste Arbeitslosenquote in Rheinland-Pfalz.

Gleichwohl ergibt sich daraus die Herausforderung, dass viele Menschen auf der Strecke geblieben und heute langzeitarbeitslos sind. Dazu gehört fast jeder sechste Arbeitslose. Das bedeutet: Sie sind seit mehr als einem Jahr nicht mehr im Erwerbsleben und werden von den Jobcentern mit der Grundsicherung versorgt. Die Betroffenen müssen sehr gezielt und individuell unterstützt und gefördert werden mit besonderen Hilfen, um wieder einen Fuß in den Arbeitsmarkt zu bekommen.

Was können Unternehmen aus dem Mittelrheinland tun, um diesen Menschen zu helfen?

Der Unternehmer ist dem wirtschaftlichen Erfolg verpflichtet. Von daher gibt es eine natürliche Grenze, wenn keine hinreichende berufliche Qualifizierung vorliegt. Das ist der Ansatzpunkt, an dem wir sagen: Menschen, die ungelernt oder lange aus dem Job sind, müssen über berufliche Weiterbildungen wieder eine fachliche Qualifikation aufbauen, um am Arbeitsmarkt konkurrenzfähig zu sein. Dabei unterstützen uns auch viele Betriebe, die zum Beispiel betriebliche Umschulungen anbieten und in Menschen investieren, um sie am jeweiligen Arbeitsplatz wieder fit zu machen.
Wie steht es um den heimischen Arbeitsmarkt? Was sind die großen Herausforderungen unserer Zeit? Und wie können die Unternehmen aus der Region den Menschen helfen, die als Langzeitarbeitslose Gefahr laufen, „vergessen“ zu werden? Elmar Wagner ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit in Montabaur, zuständig für die Landkreise Westerwald und Rhein-Lahn. Im Gespräch mit unserem Magazin blickt er auf die Entwicklung des Arbeitsmarktes im Mittelrheinland.
Wie wichtig ist das Thema Fortbildung in diesem Zusammenhang?

Wir investieren 5,5 Millionen Euro jährlich in die berufliche Weiterbildung im Agenturbezirk Montabaur und haben damit auch gute Erfahrungen gemacht, weil sich Betriebe gerne darauf einlassen, frisch Qualifizierte wieder in den Arbeitsprozess einzubinden. Was Arbeitgeber aktuell nutzen können, ist das Teilhabechancengesetz. Es ist Anfang des Jahres in Kraft getreten und ermöglicht bis zu 100 Prozent Förderung. Das heißt, der Betrieb muss zunächst nur in die Lohn-Nebenkosten investieren. Der Arbeitnehmer wird im Betrieb qualifiziert und fit gemacht für den Arbeitsprozess. Insofern können Arbeitgeber dabei eine sozialpolitisch gute Rolle spielen, zumal der Leidensdruck durch die demografische Entwicklung am Markt ja größer wird. Wir sprechen in vielen Branchen nicht mehr nur von einem Fachkräftemangel, sondern auch schon von einem Arbeitskräftemangel. Ich glaube, die Unternehmen haben die Zeichen der Zeit erkannt und sind zunehmend auch für vermeintliche Second-Best-Lösungen offen.

… und sollten deshalb auch weiterhin nicht nur auf eine fundierte Ausbildung, sondern auch auf Weiterbildung setzen bei ihren Mitarbeitern?

Wer im Arbeitsprozess steht, wird sich immer wieder weiterbilden müssen. Die Globalisierung und die Digitalisierung der Arbeitswelt 4.0 führen dazu, dass für Beschäftigte lebenslanges Lernen wichtig und notwendig ist, um die Arbeitsplätze zu sichern und im Prozess zu bleiben. Dies gilt erst Recht, wenn man aus dem Arbeitsverhältnis raus ist; nur so wird man wieder konkurrenzfähig. Der Schlüssel ist die Fortbildung, möglichst aufbauend auf einer soliden beruflichen Erstausbildung. Denn die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit im Verlauf einer Erwerbsbiografie ist eine qualifizierte Ausbildung. Am Übergang zwischen Schule und Beruf investieren wir sehr viel in Beratung, um jungen Menschen frühzeitig Orientierung zu geben, mit ihnen stabile Berufswünsche zu entwickeln und diese auch in regionalen Betrieben zu realisieren. Hierbei wirken die Arbeitgeber mit einem attraktiven Ausbildungsangebot engagiert mit. Aber nicht jedem Schulentlassenen gelingt dieser Übergang von der Schule in den Beruf. Wir müssen gemeinsam darauf achten, dass uns kein Jugendlicher verloren geht.

„Wir müssen den Ehrgeiz haben, den Menschen aus der Region hier attraktive Arbeitsplätze zu bieten.“

Fachkräftemangel ist seit vielen Jahren ein bestimmendes Thema auf dem Arbeitsmarkt. Kann es helfen, wenn sich Unternehmen gemeinsam als starke Region präsentieren – zum Beispiel im Mittelrheinland mit all seinen Möglichkeiten?

Absolut. Ich bin mir auch sicher, dass der Wettbewerb der Regionen längst begonnen hat. Wir sind mit den Landkreisen Westerwald und Rhein-Lahn sowie mit den Kammern und der Wirtschaftsförderung in der Initiative Fachkräfte regional aktiv. Viele Fernpendler, die in die Regionen Köln und Frankfurt fahren, wissen gar nicht, was sich in der Heimat mittlerweile an attraktiven Jobs bietet. Wir sind ein klassischer Auspendlerbezirk: 43 Prozent der Menschen, die hier leben, arbeiten in anderen Landkreisen. Andererseits kommen nur 28 Prozent zur Arbeit in unseren Bezirk. Wir müssen den Ehrgeiz haben, den Menschen, die in der Region leben, hier attraktive Arbeitsplätze zu bieten. Das gelingt nach langen Jahren guter Konjunktur und florierender Wirtschaft immer besser. Und es bietet ja auch viel mehr Lebensqualität, dort zu arbeiten, wo man wohnt. Dieser Ansatz wird jedoch auch in anderen Regionen verfolgt: Es gibt längst eine Konkurrenz um die besten Köpfe.

Abschließend: Was wünschen Sie sich von den Unternehmern aus der Region?

Die Beschäftigung in der Region zu halten! Wir haben überwiegend kleine und mittlere Unternehmen, die uns zu einer hohen Stabilität am Arbeitsmarkt verhelfen. Aber ich glaube, sie erleben es auch teilweise als Wachstumsbremse, wenn sie nicht im notwendigen Maß Arbeits- und Fachkräfte gewinnen können. Da braucht es eine vorausschauende Personalpolitik, die besonders darauf abzielt, rechtzeitig junge Menschen auszubilden und zu qualifizieren. Die Fachkräfte für die Zukunft selbst heranzuziehen, ist mittelfristig die beste Erfolgsstrategie, um den Wirtschaftsstandort zu sichern. Sicherlich laufen wir damit bei den meisten Unternehmern offene Türen ein. Es besteht jedoch immer die Gefahr, dass Wirtschaftsbetriebe dorthin abwandern, wo sie leichter Arbeits- und Fachkräfte finden. Ich wünsche mir, dass wir gemeinsam daran arbeiten, dass dies nicht zum Mainstream wird.

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